Hinweis: da die Vorkommnisse rund um Mafeking wohl endgültig Baden-Powells Ruhm besiegelten, haben wir hier einen zusätzlichen Artikel mit Zusatzmaterial für euch vorbereitet. Insgesamt gibt es zu Baden-Powells Engagement im Burenkrieg zwei Artikel:

BiPi im zweiten Burenkrieg
Mafeking

Ankunft in Südafrika

Baden-Powell kam am 14. Juli 1899 in Südafrika an. Seine erste Aufgabe war es zwei Regimenter berittener Infanteristen auszubilden, die in den Städten Bulawojo und Mafeking stationiert waren.
Mafeking war damals eine wichtige Stellung für die Briten, da es als „Munitionsdepot, Zentrum der Lebensmittelversorgung, Endstation und Materiallager der eben erst gebauten Eisenbahn“1Hansen 2018, S. 153 diente.

Laut Hansen war den Buren zu diesem Zeitpunkt „Impeesa“ schon bekannt. Deshalb versuchten sie ihn schon vor Kriegsausbruch gefangen zu nehmen. Mit dieser Aufgabe war ein General Botha vertraut, dessen Taktiken BiPi vertraut vorkamen; er hatte – so will es die Erzählung – BiPis Buch „Nachrichtendienst und Kundschafter“. gelesen2Hansen 2018, S. 153

Laut Tim Jeal verlief BiPis Mission von Beginn an alles andere als einfach.3Jeal 2007, S. 259ff
Die Befehlshaber vor Ort waren sich nicht sicher, ob BiPis Mission eventuell einen Krieg provozieren oder (und das war für manche sogar noch schlimmer) verhindern könnte. Daher unterstützen sie ihn nur soweit es nötig war, um nicht für Befehlsverweigerung belangt zu werden. Der Hochkommissar Sir William beispielsweise gab ihm zwar Waffen und Munition für seine Mission, verweigerte ihm aber Pferde und Wagen – so dass BiPi keine Chance hatte seinen Auftrag auszuführen.
Baden-Powell manövrierte also zwischen den Fronten – allerdings nicht zwischen denen an denen sich Buren und Briten gegenüber standen, sondern an jenen, die im britischen Militärapparat bestanden.
Durch das beugen, umgehen und uminterpretieren mancher Regel gelang es ihm aber trotzdem eine kleine Gruppe an Soldaten zu formieren, mit denen er dann Mitte August in der Nähe von Mafeking seine Basis errichtete, da er davon ausging, dass die Stadt bei Kriegsbeginn schnell zum Ziel der Buren werden würde.

Kriegsbeginn

Am 11. Oktober 1999 erhielt BiPi ein Telegramm mit der Nachricht, dass der Krieg nun offiziell ausgebrochen war. Fast gleichzeitig erreichte ihn auch die Kunde, dass rund 9.000 schwer bewaffnete Buren die Stadt Mafeking umzingelten. „Impeesa“ saß also in der Falle. Die Zahl der Angreifer konnte nie ganz geklärt werden. BiPi ging am Anfang der Belagerung selbst von 6.000 bis 7.000 aus, später in seinem Leben sprach er auch einmal von 12.000. Tatsache dürfte wohl sein, dass er es selbst einfach nie wusste. 4vgl. Jeal 2007, S. 293


Die Belagerung von Mafeking

Mafeking war zu diesem Zeitpunkt eine kleine Stadt, die seit ihrer Gründung, nur 14 Jahre zuvor, auf 6.700 Einwohner*innen (davon 1.700 Weiße, 5000 Schwarze) angewachsen war5Jeal 2007, S. 269
(falls ihr die Stadt mal besuchen wollt, müsst ihr heute nach Mahikeng suchen).

Mit Baden-Powell waren nur rund 700 britische Soldaten in der Stadt. Außerdem 300 britische Zivilisten, die größtenteils ältere Männer oder Eisenbahner waren, die einigermaßen mit Gewehren umgehen konnten.
Und [Zitat Hansen] „viele Frauen, Jugendliche Kinder und einige Eingeborene“.6Hansen 2018, S. 154 – diese Art der Aufzählung könnten wir jetzt natürlich wieder kritisieren…

Zeitgleich zu Mafeking waren auch die Städte Ladysmith und Kimberley belagert worden. Aus dem britischen Hauptquartier bekamen die drei Kommandanten den Befehl die Buren so lange es ging, dort wo sie waren zu binden, damit sie nicht weiter vorrücken konnten. Die beiden anderen Städte waren einigermaßen gut ausgerüstet, sodass es dort weniger Probleme gab.

Die Geschichte die Hansen uns nun erzählt kennen wir alle: Baden-Powell nutzte diverse Tricks um den Angreifern vorzugaukeln, es wären mehr Bewaffnete in der Stadt als diese dachten.

Wenn wir davon ausgehen – und vieles spricht dafür – dass auch einige der Stadtbewohner*innen (egal welcher Hautfarbe) mit Waffen ausgerüstet wurden, dann erhöht sich die Anzahl der bewaffneten Verteidiger*innen wohl auf rund 2.000.7Jeal 2007, S. 274

The Siege of Mafeking Topographical Sketch showing the British and Boer Positions
From a sketch by a British officer brought by runner to Buluway8Quelle: https://www.gutenberg.org/files/36866/36866-h/36866-h.htm#MAFEKING_NOVEMBER – abgerufen 15.7.2023

Baden-Powells Tricks

Laut Hansen waren dies einige der Tricks, die Baden-Powell nutzte um die Angreifer glauben zu machen, die Stadt wäre schwerer bewaffnet:
Hunderte Strohpuppen wurden gebastelt, die mit Holzgewehren in die Schützengräben gelegt und ab und an bewegt wurden, um Leben vorzutäuschen. Aus Dreschmaschinen, Dosen und Blech ließ er Kanonenattrappen bauen. Feuerwerkskörper, Knallfrösche und ähnliches (was für die Neujahrsnacht eingelagert war) wurden als Attrappen genutzt.9Hansen 2018, S. 154ff
Um die Verminung der östlichen Front vorzutäuschen ließ Baden-Powell hunderte mit Sand gefüllte, Kisten vergraben und in der Stadt die Nachricht verbreiten, dass die Menschen diesen Bereich meiden sollten.10Jeal 2007, S 278
Neben den – ich nenne sie mal technischen Bluffs – gab es aber auch schauspielerische. Zu der Zeit wurden zur Abwehr von Belagerungen Stolperdrähte verlegt. Nachdem solche in der Stadt nicht vorrätig waren, wies BiPi seine Soldaten an, an den – auch das war damals Tradition (eurozentrische Kultur lässt Grüßen) – kampffreien Sonntagen vor der Stadtmauer spazieren zu gehen und über „Drähte“ zu steigen oder zu stolpern.11Hansen 2018, S. 155
Die Soldaten wechselten auch regelmäßig die Stellung, um eine höhere Anzahl vorzugaukeln.
Aber auch Baden-Powell selbst spielte mit. Als am 16. Oktober ein Unterhändler der Buren um eine Unterredung bat, zog er alle 700 Soldaten ab und lies sie aufmarschieren, so dass dieser Parlamentär glauben musste es wären viel mehr Soldaten in der Stadt – wer wäre den so verrückt die Stadtmauer nur mit Strohpuppen zu besetzen? Der Bluff ging tatsächlich auf; als Reaktion begann die Buren noch am selben Tag Mafeking mit Kanonen zu beschießen.12Hansen 2018, S. 155f


Belagerung Phase 1: Oktober bis Dezember 189913Jeal 2007, S. 285ff

Am 16. Oktober kurz nach 9:00 Uhr morgens schlug die erste Granate in Mafeking ein. Die Buren schossen aus nordöstlicher Richtung mit ihren 12-Pfund-Kanonen. Die Eingekesselten konnten nichts weiter tun als sich in die Bunker und Schützengräben zu begeben, von denen es aber viel zu wenige gab.
Als Glück im Unglück erwies sich, dass die Häuser alle einstöckig waren, und die Ziegel so locker aufeinander gesetzt waren, dass die Granaten größtenteils durch sie hindurch flogen, um – teilweise 100 Meter weiter – auf dem sandigen Boden liegen zu bleiben. Die Gefahr von herumfliegenden Gebäudeteilen getroffen zu werden, war also relativ gering.
Um die Sicherheit der Bewohner*innen zu erhöhen wurden den Rest des Oktobers fieberhaft an weiteren Bunkeranlagen gebaut – natürlich für die weiße Bevölkerung.14Jeal 2007, S. 287

Lange Zeit sah es nach einer Pattsituation aus: das Bombardement der Buren richtete weit weniger Schaden an, als erwartet, die Briten konnten aber auch keinen Ausfall wagen.
Am 20. Oktober brachte ein Kurier dann aber eine schlechte Nachricht von einer „großen Kanone, die aus Pretoria kommt, um Mafeking in Stücke zu sprengen. Sie wird von 16 schwarzen Ochsen gezogen: man braucht vier Männer, um eine einzelne Granate hochzuheben“.15Jeal 2007, S. 288 Diese Kanone war ein französischer 94-Pfünder und mit ihr wurde ab dem 24. Oktober Mafeking unter Beschuss genommen.

Am nächsten Tag rückten die Buren vor, konnten aber zurück geschlagen werden. Einen Tag später befahl BiPi einen Angriff auf die nächstgelegenen Schützengräben der Buren, da diese inzwischen so nah an der Stadtlagen, dass viele Straßen die in die Stadt führten schon ihrer Schussweite lagen. Dieser Ausfall muss wohl als Misserfolg gewertet werden: von den 100 Männern des „D-Schwadrons“, die mit der Aufgabe betraut waren, waren am nächsten Tag nur noch 63 kampffähig. Vermutlich hatten die Buren die Angreifer erwarte. Die Verluste auf der Seite der Belagerer dürften mit vermutlich drei Toten wesentlich geringer gewesen sein, als die der Briten, die sechs Tote, mindestens neun Verwundetet und zwei Vermisste verbuchen mussten (die Zahlen gehen hier weit auseinander). Das Ziel neue Schützengräben zu verhindern, war aber wohl erreicht worden.16Jeal 2007, S. 288f

In den nächsten Tagen gab es weitere Kämpfe. Am 31. Oktober wurde das südlich der Stadt gelegenen Fort angegriffen. Die Buren kamen sehr nah heran, wurden dann aber durch den Einsatz von Maxim-Gewehren zurück geschlagen.

Am 19. November verlor Mafeking seine große militärische strategische Bedeutung und die Buren zogen rund 4.000 Mann ab, aus psychologischer Sicht – die britische Presse hatte das Thema für sich entdeckt – sollte es aber wichtig bleiben.

Am 26. Dezember starteten die Briten einen weitere Angriff, bei dem sie wieder eine Niederlage erleiden mussten. 26 Soldaten wurden getötet, 23 verwundet und drei gefangengenommen.17Jeal 2007, S. 337

Zum Jahreswechsel sah die Lage in Mafeking also immer düsterer aus. Baden-Powell machte sich auch langsam Gedanken um die Moral: die Hochsommersonne brannte auf die Stadt und demnächst würde auch die Nahrung knapp werden.


Phase 2: Januar bis April 1900

Im Laufe der ersten Monate des Jahres 1900 dauerte die Belagerung von Mafeking an, wobei sich die Verhältnisse zunehmend verschärften. Die britischen Verteidiger, angeführt von Baden-Powell, hielten trotz knapper Ressourcen, wachsender Erschöpfung und verschlechterten Bedingungen durch Artilleriebeschuss stand.
Im März verstärkten die Belagerer ihre Angriffe, aber die britischen Truppen hielten weiterhin stand, trotz beschränkter Mittel und einer anhaltenden Blockade. Schließlich, im April, wuchs die Hoffnung auf ein kommendes Ende der Belagerung durch Gerüchte von nahender britischer Verstärkung, was den Verteidigern inmitten von anhaltender Nahrungsmittelknappheit und Krankheiten neue Perspektiven bot.18Jeal 2007, S. 337ff

Lebensmittelknappheit

Es gab Vorwürfe, dass Baden-Powell der schwarzen Bevölkerung Lebensmittel vorenthalten hätte. Diese Anschuldigungen sind jedoch umstritten und nicht eindeutig belegt. Einige Historiker argumentieren, dass die Lebensmittelknappheit während der Belagerung für alle Bewohner, unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit, eine harte Realität war. Andere behaupten, dass Baden-Powell möglicherweise Prioritäten gesetzt hat, um die Vorräte für die Verteidiger zu sichern, was zu Spannungen und Missverständnissen führte.

Tim Jeal hat dieser Thematik ein ganzes Kapitel gewidmet und kommt zu folgendem Schluss:19Jeal 2007, S. 309ff

Es stimmt zwar, dass Baden-Powell die Weißen und die Schwarzen bei der Verteilung von Lebensmitteln unterschiedlich behandelte, allerdings heißt das nicht, dass er die Schwarzen (mehr) hungern ließ.
Anders als die Weißen hatte die einheimische Bevölkerung noch andere Quellen, als die britischen Besatzer: eigene Vorräte, Lebensmittel aus den eigenen Gärten und auch weiterhin Kontakte in das Umfeld.
So verringerte sich beispielsweise der Bestand an Ochsen und Kälbern zwischen dem 18. März und dem 1. April 1900 – als es kaum noch Getreide in der Stadt gab und sehr viele Fleisch auf die Tisch kam – nur unwesentlich von 600 auf 579. Jeal erklärt dies auch mit einer kulturellen Besonderheit: Vieh war auch für Mitgiften usw wichtig. Daher füllten die Einheimischen ihre Bestände auf, indem sie den Buren ihr Vieh stahlen – so ernährten die Belagerer quasi „den Feind“ selbst.20Jeal 2007, S. 312

Dazu kommt noch, dass die Statistiken auf die sich Kritiker von BiPi bezogen, wohl von Anfang an Falsch waren: Baden-Powell selbst hatte unterschätzt, wie viele Lebensmittel noch in Läden, Lagern und Häusern vorhanden waren und ging am Anfang der Belagerung erst einmal nur von dem aus, über das er direkt verfügen konnte: die Vorräte des Militärs.

Moral

Wie schon vorher in seiner Karriere nutze BiPi in diesen Monaten sein schauspielerisches Talent um die Moral der Menschen in Mafeking aufrecht zu erhalten. Einerseits indem er sich seine Sorgen – laut Augenzeugen – nicht anmerken liest, andererseits in dem er für Theaterstücke, andere Aufführungen und auch Sport an den „kampffreien Sonntagen“ sorgte.21Jeal 2007, S. 338ff


Die Jungen von Mafeking

Ein Gründungsmythos der Pfadfinder*innenbewegung ist die Geschichte, dass Baden-Powell während der Belagerung erkannte, dass er „den Jungen von Mafeking“ wichtige Aufgaben geben konnte und sie sie genauso gut wie Erwachsene ausführen konnten.
Nachdem die Telegraphenleitungen gesprengt waren, gab es erst einmal keine Verbindung mehr nach außen. Laut Hansen bildete BiPi darauf hin „Eingeborene“[sic!] aus um nachts durch die feindlichen Stellungen zu schleichen und Nachrichten zu überbringen (in kleinen Brotkügelchen verpackt, dass sie sie im Notfall schlucken konnten). Einer dieser Boten überbrachte die Nachricht, dass mit einer Befreiung (oder einem Befreiungsschlag durch die Briten) nicht vor dem Mai 1900 zu rechen sei.

BiPi sah sich also gezwungen sich auf eine längere Belagerung ein zurichten.
Er teilte also die 18 Buben ab 10 Jahren [!], die in der Stadt waren, in Patrouillen ein, ließ sie sich von einem selbst gewählten Anführer anleiten und unterstellte sie dem, ebenfalls minderjährigen, Jungen namens Goodyear. (Quelle)
Ihre ersten Aufgaben waren Postdienste innerhalb der Stadt. (Für diese Post wurden auch spezielle Briefmarken gedruckt, anfangs mit BiPis Bild – was gegen königliches Recht verstieß, später mit den Jungen von Mafeking. Ein paar Links dazu findet ihr hier in dieser Fußnote22Links zu Briefmarken: https://www.arge-pfadfinder.org/belagerung-von-mafeking.html / https://www.pfadfinder-briefmarken.ch/the-siege-of-mafeking.html / https://www.stampworld.com/de/stamps/Mafeking/)

Später im Verlauf, als Baden-Powell alle Soldaten zur Verteidigung brauchte, übertrug er „alle anderen, bisher von Militärs bewältigten Aufgabe den Jungen von Mafeking: sie mussten schriftliche Befehle, Proviant, Waffen und Munition bis zu den vordersten Verteidigungsposten vor der Stadtmauer bringen, Verletzte bergen und Sanitäter unterstützen.23Hansen 2018, S. 156ff (Anmerkung: falls sich von euch jemand mit Völkerrecht auskennt, melde dich bitte. Bewegen wir uns da nicht schon in dem Bereich der heute unter den Begriff „Kindersoldaten“ fällt? Und: Really? Wie inkompetent waren denn die Militärs, dass 18! Jungs alle ihre Job übernehmen konnten?)

„Ihr handelt in eigener Verantwortung“ sagte er [Baden-Powell] den Jungen, „ihr könnt auch Fehler machen, denn ein Mann, der noch nie einen Fehler begangen hat, hat noch nie etwas getan“ […]
Die Bewährung der Jungen von Mafeking gehört zu den eindrucksvollsten Erlebnissen dieser schweren Zeit, wird B.P. später schreiben“

Hansen 2018, S. 158f
The Mafeking Cadets, with their leader Sergeant-Major Warner Goodyear on the right.24Artikel: https://en.wikipedia.org/wiki/Mafeking_Cadet_Corps Bild: https://en.wikipedia.org/wiki/File:MafekingCadets.jpg

Inwieweit BiPi die Geschichte im Nachhinein bewusst ein wenig glättete, dass sie in die Linie von Indien, über Mafeking bis Brownsea-Island passt, lässt sich wohl nicht mehr genau ergründen. Tatsache ist aber wohl, dass diese Jungs zu einer Kadetten-Gruppe gehörten, die schon vor der Belagerung gegründet worden war. Anders als es Baden-Powell später vermittelte, waren sie wohl auch nie als Kundschafter oder „Mafekings Pfadfinder“ ausgebildet worden, sondern dienten in der Stadt als Botenjungen.
In dieser Funktion trugen sie aber dennoch entscheiden zum Widerstand der Stadt bei. Für jeden Botengang den einer der Jungs machte, konnte ein Soldat seiner Aufgabe im Schützengraben oder an anderer Stelle nachkommen.
Bei Tim Jeal können wir sogar lesen, dass diese Jungs für Baden-Powell wohl vor Ort relativ unbedeutend waren: er kümmerte sich weder groß um ihre Einsätze (das übernahmen Lord Edward Cecil und Lieutnant Moncreiffe) noch erschienen sie ihm wichtig genug sie in seinen Berichten an Lord Roberts oder die „Royal Commisssion on the War South Africa“ zu erwähnen.25Jeal 2007, S. 20


Photograph Robert Baden-Powell and his staff after the Siege of Mafeking in South Africa, published in The Black and White Budget Vol 3 No 35, page 297. Main caption reads „Major-General Baden Powell and the principal men who helped him to defend Mafeking“. Quelle: Wikicommons

Ende der Belagerung

Mitte Mai 1900 befreite ein Heer die Stadt.
Nach 217 Tagen der Entbehrung, des strategischen Geschicks und des Widerstands erreichten endlich britische Verstärkungen die erschöpfte Stadt. Die Stimmung in Mafeking schwankte zwischen Hoffnung und Anspannung, als die Nachricht von den nahenden Truppen die Runde machte. Die Verteidiger schöpften neuen Mut, während die Belagerer erkennen mussten, dass ihre Bemühungen letztendlich vergeblich sein würden.

Am 17. Mai 1900 wurde die Belagerung schließlich aufgehoben, als eine Kolonne von etwa 2.000 britischen Soldaten, einschließlich vieler südafrikanischer Freiwilliger aus Kimberley, unter dem Kommando von Oberst B. T. Mahon der Armee von Lord Roberts mit Prinz Alexander von Teck als seinem Adjutant, die Stadt nach einem Kampf erreichten und sie befreiten. (Quelle!)


Was wir nicht vergessen dürfen: es war kein Spiel, es war Krieg.

In der Geschichte wie sie uns Hansen erzählt wirkt die ganze Belagerung wie ein Spiel, dass mit Finten und Tricks entschieden wurde. Wie eine Art Schach, bei dem Baden-Powell die Regeln beugt. Tatsächlich dürfen wir aber nicht vergessen, dass es Krieg war. Relativ willkürlich und täglich beschossen die Buren Mafeking mit Granaten unterschiedlicher Kaliberstärke. Und so konnte es für jede*n in der Stadt in jedem Moment vorbei sein. Bedenken wir wie klein die Bevölkerung war, muss schon nach wenigen Tagen jede*r Bewohner*in eine*n Bekannte*n verloren haben.

In der Zeit der Belagerung wurden 233 von 1.100 bewaffnetet Weiße auf BiPis Seite verwundet oder getötet, über die Anzahl der – größtenteils durch Granaten – getöteten Afrikaner*innen (zu Beginn der Belagerung lebten immerhin 6.000 – 7.500 von ihnen im Ort) gibt es keine Zahlen. Es dürften aber sehr viel mehr sein, insbesondere da für sie keine Schutzräume gebaut wurden26Jeal 2007, S. 301. Was in der Darstellung Erzählung der Kriege zwischen europäischen Mächten auch meist vergessen wird: auf beiden Seiten kämpften Schwarze. Auch in Mafeking waren viele der „britischen Truppen“ Einheimische, die in verschiedenen Rollen in die Kämpfe gezogen wurden. Entweder direkt als Soldaten, als Hilfskräfte, Boten oder in dem sie weit hinter der Belagerungslinie Vieh stahlen, um es in die Stadt zu bringen.27Jeal 2007, S. 328ff


Währenddessen in England…

In England wurden die Geschehnisse rund um Mafeking von vielen sehr genau verfolgt. Gerüchte machten den Umlauf, dass Baden-Powell von einem Attentäter ermordet worden war. Als die Nachricht, dass er noch lebt, in England eintraf …

„brach ein Jubel ohnegleichen aus. Jetzt erst wurde bekannt, dass ‚die ganze Verteidigung auf nichts anderes als auf nacktem Bluff aufgebaut war und dass die Buren die Stadt ohne viel Geschick hätten nehmen können. Aber Intelligenz allein hat Mafeking nicht gerettet, auch das Herz hatte seinen Anteil an diesen langen, gefährlichen 217 Tagen der Belagerung. Doch der Kommandant der Garnison, Oberst Baden-Powell, hatte Geist und Herz.'“

Hansen 2018, S.163

Winston Churchill, der damals als Kriegsberichterstatter arbeitete, schrieb:

„In jenen Tagen überstieg Baden-Powells Ruhm in England beinahe alle Beispiele öffentlicher Anerkennung. Die Engländer blickten auf seine Gestalt als auf den längst fälligen Kriegshelden“

Hansen 2018, S. 163
Zeitungsverkäufer in London 28https://www.britishbattles.com/great-boer-war/siege-of-mafeking/ – abgerufen 15.7.2023

Die Belagerung von Mafeking wurde in den folgenden Jahren zu einem ikonischen Ereignis, das weltweit bewundert wurde – und BiPi mit seiner Fähigkeit sich in Geschichten positiv darstellen trug sicher seinen Teil bei. Die Entschlossenheit der Verteidiger, ihre kreativen Strategien und ihre Fähigkeit, gegen alle Widrigkeiten zu kämpfen, sollte viele, vor allem Junge Menschen inspirieren. Die Geschichten aus Mafeking wurden zu einem Symbol für Durchhaltevermögen und den unerschütterlichen Geist des Widerstands.
In wieweit die Belagerung und die Befreiung für die Stadt aber für den Verlauf des Krieges wirklich entschieden war, oder ob die Geschichte nicht eher ein Beispiel für die Wichtigkeit von Heldengeschichten an der „Heimatfront“ ist, wollen wir an dieser Stelle nicht beurteilen.


Die heutige Frage nach Kriegsverbrechen

Um diesen Artikel nicht zu sehr in die Länge zu ziehen, haben wir diese Frage ausgeklammert und hierzu einen extra Artikel für euch verfasst.
Daher an dieser Stelle nur kurz: die Diskussion ist in jüngerer Zeit neu aufgekommen, als in England 2020 diskutiert wurde, ob eine Statue von BiPi entfernt werden soll.


zum Weiterlesen:

Über die Briefmarken gib es je eine Seite bei der ARGE Pfadfinder im Bund Deutscher Philatelisten und beim Schweizer Pfadfinder-Philalistenverein/ L’association suisses des Philatéistes Scouts.

Fußnoten

  • 1
    Hansen 2018, S. 153
  • 2
    Hansen 2018, S. 153
  • 3
    Jeal 2007, S. 259ff
  • 4
    vgl. Jeal 2007, S. 293
  • 5
    Jeal 2007, S. 269
  • 6
    Hansen 2018, S. 154
  • 7
    Jeal 2007, S. 274
  • 8
    Quelle: https://www.gutenberg.org/files/36866/36866-h/36866-h.htm#MAFEKING_NOVEMBER – abgerufen 15.7.2023
  • 9
    Hansen 2018, S. 154ff
  • 10
    Jeal 2007, S 278
  • 11
    Hansen 2018, S. 155
  • 12
    Hansen 2018, S. 155f
  • 13
    Jeal 2007, S. 285ff
  • 14
    Jeal 2007, S. 287
  • 15
    Jeal 2007, S. 288
  • 16
    Jeal 2007, S. 288f
  • 17
    Jeal 2007, S. 337
  • 18
    Jeal 2007, S. 337ff
  • 19
    Jeal 2007, S. 309ff
  • 20
    Jeal 2007, S. 312
  • 21
    Jeal 2007, S. 338ff
  • 22
    Links zu Briefmarken: https://www.arge-pfadfinder.org/belagerung-von-mafeking.html / https://www.pfadfinder-briefmarken.ch/the-siege-of-mafeking.html / https://www.stampworld.com/de/stamps/Mafeking/
  • 23
    Hansen 2018, S. 156ff
  • 24
    Artikel: https://en.wikipedia.org/wiki/Mafeking_Cadet_Corps Bild: https://en.wikipedia.org/wiki/File:MafekingCadets.jpg
  • 25
    Jeal 2007, S. 20
  • 26
    Jeal 2007, S. 301
  • 27
    Jeal 2007, S. 328ff
  • 28
    https://www.britishbattles.com/great-boer-war/siege-of-mafeking/ – abgerufen 15.7.2023
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Von metz

Ein Gedanke zu „1899 – 1900: BiPi im Zweiten Burenkrieg – Mafeking als Grundlage seiner Popularität“
  1. Ok ihr lieben Lesenden,
    Dieser Artikel hätte mich beinahe die ganze Seite löschen lassen… zu wichtig um ihn nicht zu schreiben, dabei aber bei Hansen nur ein paar Seiten wert, bei Jeal fast 100 Seiten. Und die voller verschiedener Namen von irgendwelchen Militärs, Zeitsprüngen, Bezüge zu Kritikern usw. Dazu die ganze Frage wie Mafeking überhaupt ins Kriegsgeschehen einzuordnen ist, was eigentlich der Konflikt zwischen Buren und Briten war und wie die Schwarze Bevölkerung zwischen die Fronten kam… absolut nicht mein Metier… ich hoffe, dass der Artikel nicht zu wirr geworden ist.

    Falls du dich mit Militärhistorie besser auskennst als ich oder dir irgendein Fehler auffällt, dann melde dich bitte gerne mit Verbesserungsvorschlägen.

    Beste Grüße
    Mattias

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