„Es war alles gar nicht so schlimm.“1Hansen 2018, S. 36
So beginnt das Kapitel in „Der Wolf, der nie schläft“, in dem es um BiPis Zeit am College geht.

Doch bis es soweit kam, war es ein weiter Weg. Zunächst bekamen die Baden-Powell-Kinder zu Hause Privatunterricht. BiPi wurde im Alter von sieben Jahren auf eine private Grundschule geschickt, mit elf Jahren auf eine weiterführende Schule.2vgl. Jeal 2007, S. 51 ff. In „Der Wolf, der nie schläft“ wird der Zugang zum Charterhouse College dargestellt, als wäre es BiPis sehnlichster Wunsch und seine Mutter hätte nur mit dem Finger schnippen müssen, damit er dort einen Platz bekäme.3vgl. Hansen 2018, S. 37 Die Geldprobleme der Familie und Henriettas Notizen legen nahe, dass der Grund für die Wahl für das Charterhouse College finanzieller Natur war und es nicht allzu einfach war, dort einen Platz zu bekommen.

„Berechnet, was das Beste für uns ist“, notierte sie im März 1870. „Das Beste scheint Charterhouse.“ Sie hoffte, Stephe und Baden unter jenen 60 „Gownboys“ […] zu sehen, die ein Stipendium von der Charterhouse-Stiftung erhielten. […] Drei Monate vergingen, ehe sie ein Nominierung für Stephe durch den Duke of Marlborough in der Tasche hatte.

Tim Jeal 2007, S. 51 f.

Auf der Charterhouse School

BiPi berichtet in seiner Biografie, dass er während dem ersten Sommer im neuen Schulgebäude, das außerhalb von London lag, die nahegelegenen Wälder erkundete. Er schreibt von Lehrern, die ihm nachstellten und denen er entwischen konnte – ganz im Stile von damals aktuellen und beliebten Abenteuerromanen. Auch in „Der Wolf, der nie schläft“ wird diesen Abenteuergeschichten ein gesamter Abschnitt gewidmet.4 vgl. Hansen 2018, S. 40-43 Diese Geschichten, die er im Nachgang niederschrieb, weisen jedoch eine sehr starke Ähnlichkeit zu den Geschichten seines Buches „My Adventures as a Spy“, das während des 1. Weltkrieges erschien, auf.5 vgl. Jeal 2007, S. 57

Lage des neuen Schulgebäudes (bis heute) © OpenStreetMap-Autoren

BiPis war wohl kein guter Schüler – seine Noten ließen zu Wünschen übrig. Seine außerschulischen Aktivitäten jedoch waren sehr von Erfolg gekrönt. Er trat dem Band Corps (er spielte Signalhorn und Flügelhorn) und Rifle Corps bei (gehörte zur Schützenmannschaft der Schule) und er spielte Fußball (als Torwart). Er zeichnete auch in der Schule viel, nach wie vor beidhändig, was im Bewunderung einbrachte.6vgl. Jeal, 2007, S. 58 ff. und Hansen 2018 S. 43 ff.

Seine vielseitigen Talente konnte er zudem in der Schauspielerei ausleben. Über Clownerie und Slapstick während der Unterrichtszeiten erarbeitete er sich eine gewisse Beliebtheit. Er spielte außerdem in vielen Theaterstücken der Schule mit. Hier brillierte er als Schauspieler und Sänger, v.a. in den Frauenrollen da er jeden Part übernehmen konnte (von Bariton bis Sopran).7 vgl. Jeal, 2007, S. 59

Trotz seiner Beliebtheit, hielt er doch nach wie vor eine gewisse Distanz zu anderen Menschen, die sich auch durch den Rest seines Lebens ziehen wird. Hier wird auch der Einfluss der Erziehung seiner Mutter wieder offensichtlich.

Dennoch hatte Edward Parry Recht, der Stephe als Jungen beschrieb, der „im Prinzip beliebt war, aber nie wirklich enge Freunde zu haben schien“. […] Stephe hatte sich bereits eine joviale Art angewöhnt, die andere auf Distanz hielt und ihm dadurch Sicherheit gab, dass er seine Gefühle verbergen konnte.

Tim Jeal 2007, S. 60

Der Weg zum Militär

Während wir bei Walter Hansen lesen können, dass BiPi eigentlich Missionar werden möchte, um die Welt bereisen zu können8vgl. Hansen 2018 S. 46 , war die tatsächliche Laufbahn bereits von seiner Mutter geplant. Er sollte zunächst nach Oxford und anschließend zum Militär. Die Karriere beim Militär erlebte in dieser Zeit einen gewissen Aufschwung, was mit Sicherheit Henriettas Pläne beeinflusste. Doch BiPi fiel sowohl bei der Aufnahmeprüfung des Balliol Colleges als auch bei der des Christ Church Colleges durch – seine Leistungen, v.a. in Mathematik, waren nicht annähernd ausreichend. Seine Aversion gegen akademische Arbeit wurde verstärkt, während er zeitgleich niemals die Enttäuschung seiner Mutter, dass er so grandios gescheitert war, wieder gut machen konnte.9vgl. Jeal, 2007, S. 65

Im Gegensatz zu seinen Collegeexamen bestand BiPi die beiden Examen (für Infanterie und Kavallerie) 1876 mit Bravour. Bei 718 Kandidaten belegte er den zweiten Platz bei der Kavallerieliste und den fünften bei der Infanterie. In der Regel wurden die Kandidaten für zwei Jahre aufs Royal Military College in Sandhurst geschickt.

„In meinem Falle jedoch“, schrieb Stephe, „stand der Krieg mit Russland unmittelbar bevor, Offiziere wurden dringend benötigt; und deshalb wurden die sechs Besten beim Kavallerie-Examen direkt zu den Regimentern geschickt und nicht nach Sandhurst.“

Tim Jeal, 2007, S. 71

Für eine Übersicht über BiPis Laufbahn beim Militär, die jetzt beginnt, klickst du hier. Mehr Informationen zu seiner ersten Station in Indien findest du hier.


Fußnoten

  • 1
    Hansen 2018, S. 36
  • 2
    vgl. Jeal 2007, S. 51 ff.
  • 3
    vgl. Hansen 2018, S. 37
  • 4
    vgl. Hansen 2018, S. 40-43
  • 5
    vgl. Jeal 2007, S. 57
  • 6
    vgl. Jeal, 2007, S. 58 ff. und Hansen 2018 S. 43 ff.
  • 7
    vgl. Jeal, 2007, S. 59
  • 8
    vgl. Hansen 2018 S. 46
  • 9
    vgl. Jeal, 2007, S. 65
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Von lena

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