Nachdem in ganz England Jungs „Aids to Scouting“ als Spielinspiration genommen hatten, trug Baden-Powell länger den Gedanken in sich es für Jugendliche zu überarbeiten und seine pädagogischen Idee zu prüfen.

1907 bat er um seine Entbindung vom Militärdienst, die ihm halb genehmigt wurde. Hansen schreibt von einer „Halbpensionierung“. Von seinem Posten als Generalinspekteur der Kavallerie wurde er enthoben, als General sollte er aber weiter als Ausbilder und Berater zu Verfügung stehen.1Hansen 2018, S. 185f So hatte Baden-Powell nun die Zeit am Buch und seiner Idee des „Jugendprogramms“ weiter zu arbeiten.

Im Sommer 1907 erprobte BiPi seine Idee und sein Konzept dann mit 22 Jungen, auf der kleinen Insel Brownsea Island. Die Jungs wurden von BiPi persönlich eingeladen, es handelte sich um Kinder vom Bekannten und, da Baden-Powell ausprobieren wollte, wie Besucher einer Privatschule und „Burschen aus der Arbeiterklasse“ sich vertrugen, bat er auch die Boys Brigaden aus Polle und Bournemouth Teilnehmer zu schicken.2Jeal 2007, S. 449

Fehler in „Der Wolf , der nie schläft“?

In „Der Wolf, der nie schläft“ hat sich hier wohl ein kleiner Fehler eingeschlichen. Bei Walter Hansen setzt BiPi am 15. Juli mit den Jungs im Ruderboot vom Hafen der Stadt Poole hinüber nach Brownsea Island3Hansen 2018, S. 186, tatsächlich dürfte BiPi irgendwann in der zweiten Juli Hälfte angereist sein, um das Camp vorzubereiten.

Die Jungen kamen dann erst am am 30. Juli und am 1. August 1907 begann das Lager – heute ist das auch der „offizielle“ Startzeitpunkt der Pfadfinder*innen Bewegung.

BiPi setzte währen dieses Lagers einiges um, was er in seiner früheren Militärkarriere schon erprobt hatte und später auch in die Pfadfinder*innenbewegung Einzug halten sollte. So teilte er die Jungen z.B. in Patrouillen ein (Brachvögel, Raben, Wölfe, Bullen), die zur Unterscheidung unterschiedlich farbige Schulterkordeln trugen.4The Scout Association: 100 Jahre Pfadfinder: Die offizielle Geschichte der weltweiten Bewegung, S. 33

Tagesablauf während des Lagers

Die Tage begannen mit dem Ton eines Kuduhorns, dass Baden-Powell 1896 gefunden hatte.
Auf ein Glas Milch und ein paar Keks folgte eine halbe Stunde körperliches Training. Im Anschluss war es Zeit für Gebete und das Hissen der Flagge (Baden-Powell hatte für dieses erste Pfadfinderlager die Flagge mitgebracht, die über seinem „Headquarter“ in Mafeking geweht hatte5Jeal 2007, S. 449) bevor es um 8:00 Uhr Frühstück gab.
Im Anschluss folgte das Tagesprogramm, wobei jeder Tag unter einem bestimmten Motto stand.
Das Programm war insgesamt noch sehr militärisch geprägt6etwas das in der internationalen Pfadfinder*innenbewegung in unterschiedlichen Abstufungen heute noch gut zu sehen ist und Pfadis aus dem deutschsprachigen Raum, in dem das bündische, freiheitsliebende sich sehr früh in die Ausprägung gemischt hat, oft befremdlich erscheint und bestand z.B. aus „Kundschafterübungen“, „Spielen“ und Schwimmen. Nachmittags wurde das Tempo dann etwas heruntergefahren, aber ein paar „Lagerspiele“ und das „Trockenreiben“ musste vor dem Abendessen um 8:00 Uhr noch sein.
Nach dem Abendessen versammelten sich die Teilnehmer dann um das Lagerfeuer um den Geschichteten des Generals zu lauschen, der dann auch sein „Yarn“ (zu deutsch Seemannsgarn) zum besten gab.7Jeal 2007, S. 449

(Einen Ablauf, wie BiPi sich einen Tag im Lager vorstellt, findet ihr z.B. in der „9. Erzählung am Lagerfeuer“ in Scouting for Boys, auf Seite 32 in „100 Jahre Pfadfinder: Die offizielle Geschichte der weltweiten Bewegung“ oder auf dieser Homepage.)

Am 9. August 1907 kehrten die Jungen8eine Liste der TN und die Packliste für das Lager findet ihr in: The Scout Association: 100 Jahre Pfadfinder: Die offizielle Geschichte der weltweiten Bewegung, S. 35nach Hause zurück, erschöpft aber begeistert. Das große Abenteuer war zu Ende. Trotz ihrer kulturellen und sozialen Unterschieden hatten die Jungen miteinander gelebt, gearbeitet und gespielt, wie man es auf dem britischen Festland nicht für möglich gehalten hatte. Der Erfolg hatte Baden-Powells Erwartungen weit übertroffen – nun fühlte er sich bereit, mit seiner Idee vor ein größeres Publikum zu treten.

Bestärkt durch die Erfahrung machte Baden-Powell sich im Anschluss endgültig an die Arbeit um „Scouting for Boys“ abzuschließen. –> zur Geschichte dieses wichtigsten Buches für die Pfadfinderei geht es hier.

Fußnoten

  • 1
    Hansen 2018, S. 185f
  • 2
    Jeal 2007, S. 449
  • 3
    Hansen 2018, S. 186
  • 4
    The Scout Association: 100 Jahre Pfadfinder: Die offizielle Geschichte der weltweiten Bewegung, S. 33
  • 5
    Jeal 2007, S. 449
  • 6
    etwas das in der internationalen Pfadfinder*innenbewegung in unterschiedlichen Abstufungen heute noch gut zu sehen ist und Pfadis aus dem deutschsprachigen Raum, in dem das bündische, freiheitsliebende sich sehr früh in die Ausprägung gemischt hat, oft befremdlich erscheint
  • 7
    Jeal 2007, S. 449
  • 8
    eine Liste der TN und die Packliste für das Lager findet ihr in: The Scout Association: 100 Jahre Pfadfinder: Die offizielle Geschichte der weltweiten Bewegung, S. 35
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Von metz

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